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Fairchild C-119 G/L "Flying Boxcar"   Transporter der Republic of China Air Force  von Bernd Korte

Italeri 1/72

Schon seit geraumer Zeit hatte mich mein ursprünglich aus Taiwan stammender Haus- und Hoffotograph dazu gedrängt, endlich mal einen "Knüller" zu bauen. Als nicht gerade unter Minderwertigkeitskomplexen leidender Modellbauer hielt ich eigentlich fast jedes fertiggestellte Modell vom Typ her für einen "Knüller" - egal ob Delta Dagger, Scorpion oder Fury - sonst hätte ich sie ja schließlich nie gebaut; was er aber meinte war etwas anderes.
Er sprach von den Kartons, die in meinen Bausatzstapeln ganz unten lagen. Die Viermots und Bombergiganten, die man zwar irgendwann einmal bauen wollte, im Endeffekt aber nie begann, da der Vitrinenplatz zu klein und der erwartete Zeitaufwand bis zur Fertigstellung zu hoch war.
Als nun mein Studium anfing, griff ich diese Idee wieder auf. Ich war nämlich auf der Suche nach einem Langzeitprojekt, bei dem es nicht so auffiel, wenn man mal ein paar Wochen nichts tat - kurz gesagt ein "Knüllerprojekt". Als sich bei der Inspektion meiner verfügbaren Kits dann auch noch zeigte, dass Italeris C-119G „Flying Boxcar“ Decals für eine taiwanische Maschine, die weiße 3131, beinhaltete, war die Entscheidung gefallen...

Das Design der C-119 „Flying Boxcar“ geht ursprünglich auf Fairchilds früheren Transporter, die C-82 „Packet“ zurück. Das neue Muster behob demnach mit ihrem Erstflug im November 1947 einige Mängel ihres älteren Vorgängers. Das Cockpit war weiter nach vorne verlegt worden, so dass sich die Kapazität des Frachtraumes vergrößerte. Stärkere Triebwerke, eine verlängerte Spannweite und eine verstärkte Zelle waren andere Verbesserungen. Frühe Versionen wie die C-119B und C wurden bereits im Korea-Krieg eingesetzt. Die Spätere G-Version kam vor allem in Vietnam zum Einsatz. Ihr äußerer Hauptunterschied zu den ersten Serien bestand in den nach unten verlängerten Seitenleitwerken, die nun wie zwei Flossen über die Heckausleger hinausragten. Mit Maschinenkanonen bewaffnete Spezialversionen wie die AC-119G „Shadow“ oder die AC-119K „Stinger“ lösten später z.B. die altehrwürdigen AC-47 als Gunships über Vietnam ab.
Von den fast 1200 Flugzeugen, die bis 1955 gebaut wurden, flogen viele in ausländischen Luftwaffen, wie z.B. in Äthiopien, Belgien, Brasilien, Indien, Italien, Süd-Vietnam und Taiwan. Dort wurden sie sogar erst ab 1986 durch moderne C-130H Hercules Transporter ersetzt.

Italeris Bausatz besteht aus ca. 125 Teilen und ist fast durchgängig erhaben detailliert. Fast, da einzig und allein die beiden Motorgondeln graviert sind, schwach zwar, aber graviert – und nicht erhaben. Ok, worauf ich hinaus will? Schaut man sich einmal ein paar Vorbildfotos der C-119 genauer an, wird man feststellen, dass auch die Flying Boxcar in 1:1 fast durchweg mit erhabenen Strukturlinien aufwartet, bis auf die Motorverkleidungen. Könnte es also sein, dass sich Italeris Produktentwickler damals etwas dabei dachten, als sie diese meist von vorneherein als veraltet angesehene „aufgeprägte“ Detaillierungsweise wählten? Gut möglich, bei längerem Überlegen sogar sehr wahrscheinlich, denn Italeris B-58 - auch ein nicht gerade taufrischer Kit – hat durchgehend versenkte Blechstöße. Eben genauso wie das Original.
Trotz alledem fing ich an, die C-119 komplett nachzugravieren. Mir gefällt diese Art der Detaillierung einfach besser (zugegeben eine Art Modeerscheinung), dazu lässt sich das Modell so für mich „effektiver“ altern und zu guter Letzt hat man nicht das Problem, sich mit durch Schleifarbeiten verlorengegangenen erhabenen Details herumärgern zu müssen.
Brav wie ich war, orderte ich mir aus England 1:72 Dreiseitenzeichnungen um die neuen Gravuren auch möglichst akkurat zu platzieren. Umso größer war die Ernüchterung, als die Skizzen zum einen nur ca. ¼ der auf den Modellteilen zu sehenden Strukturlinien darstellten, und zum anderen in Länge und Spannweite gänzlich von den Modellmaßen abwichen. Nachdem der erste Schock überwunden war stellte ich die Skizzen unter Bann und leugnete, sie jemals in den Händen gehalten zu haben. Um nicht noch mehr desillusioniert zu werden, begann ich sofort, das Modell nach den vorhandenen erhabenen Details nachzugravieren.
Bei dem Vergleich zwischen Bausatz und Vorbildfotos war ich übrigens einem zweiten Schock sehr nahen: Alle Bilder meiner „weißen 3131“ zeigen das Flugzeug nämlich mit Dreiblatt-Propellern, in der Tat habe ich bis jetzt nur ein einziges Bild einer RoCAF C-119 mit Vierblatt-Propellern gefunden. Im Kit sind jedoch nur Letztere enthalten. Da ich eigentlich überhaupt keine Lust hatte, hier einen Umbau vorzunehmen, fragte ich erst einmal einen taiwanischen Flugzeugfotografen, den ich über airliners.net kennen gelernt hatte, um Rat. Der konnte mir dann zu meiner großen Erleichterung bestätigen, dass die ursprünglich von den USA gelieferten C-119G wirklich mit Vierblatt-Props ausgestattet waren. Später allerdings wurden die Maschinen in Taiwan auf Dreiblatt-Luftschrauben umgerüstet und in C-119L umbenannt, wohl zugunsten einer verbesserten Flugstabilität. Genau dieser Werdegang scheint auch auf meine Baunummer 53-7847 zuzutreffen, da sie anfangs noch als C-119G im USAF-Inventar geführt wurde. Der Tag war für mich also gerettet! Als nach wochenlanger Fleißarbeit endlich alle Teile mit mehr oder weniger feinen Gravuren versehen waren, konnte der eigentliche Bau beginnen.

Kein Flugzeug ohne Cockpit, und so machte der Arbeitsplatz der Piloten auch diesmal den Anfang. Von Hause aus sehr ansprechend detailliert wurde nur das Gurtzeug aus Kreppband ergänzt, silberne Farbtupfer simulieren die Schnallen. Im Großen und Ganzen hielt ich mich in diesem Bereich an die Farbangaben der Bauanleitung, lediglich das Instrumentenbrett wurde mit einem aufgehellten Schwarz anstatt wie vorgeschlagen dunkelgrau bemalt. Um das Cockpit etwas „used-washed“ aussehen zu lassen, wurde mit den jeweils aufgehellten Grundfarben gedrybrusht und ein leichtes Washing mit verdünnter Ölfarbe durchgeführt. Für das Drybrushing sollte man die Grundfarben am Besten nicht einfach mit Weiß, sondern mit einem ähnlichen aber helleren Farbton aufhellen. Bei dem dunkelgrauen Fußboden also mit einem helleren Grau etc.

Italeri hat die Wände des Frachtraumes schön strukturiert, an zwei Stellen pro Rumpfhälfte unterbrechen jedoch Auswurfsstempel die Rippenstruktur. Mit ein wenig Plastiksheet und Spachtel lässt sich diese kleine optische Störung aber leicht beheben. Bis auf die Angabe für die Decke können auch im Frachtraum die Farbhinweise problemlos befolgt werden. Auf Originalbildern erscheint die Decke hingegen auch in Zinc Chromate wie die restliche Innenstruktur und nicht in Weiß. Wie schon das Cockpit wurde auch der Frachtraum gedrybrusht und einem leichten Washing unterzogen, um die Rippenstruktur optisch hervortreten zu lassen.
Die Farbgebung der Fahrwerksschächte und Klappen bereitete mir einige Zeit lang Kopfzerbrechen und konnte letztendlich auch nicht hundertprozentig gelöst werden. Italeri gibt für Schächte, Klappen und das Fahrwerk selber einheitlich Bare Metal an. Möglicherweise gab es Flying Boxcars, auf die diese Bemalung zutraf. Auf den Originalbildern der weißen 3131 lässt sich allerdings erkennen, dass die Bugfahrwerksklappen genau wie die Rumpfunterseite in Weißgrau gestrichen waren. Das Hauptfahrwerk könnte metallfarben aber auch dunkelgrau oder grün sein, leider ist es auf meinen Bildern immer so unvorteilhaft beleuchtet, dass sich keine eindeutige Aussage treffen lässt. Ich entschied mich für einen abgedunkelten Metallton. Blieben noch die Fahrwerkschächte selbst, die auf den Bildern überhaupt nicht einzusehen sind. Alle anderen Detailbilder anderer Boxcars zeigen jedoch einen Anstrich in Zinc Chromate. Da diese Bemalung typisch für damalige amerikanische Flugzeuge war (und die taiwanischen C-119 wurden ja ursprünglich in Amerika gebaut), ließ ich es bei ihr bewenden.

Nachdem die Grundfarben getrocknet waren, wurden die Fahrwerksschächte und Klappen wie schon oben beschrieben gealtert. Das Hauptfahrwerk wurde mit Bremsleitungen aus heißgezogenem Plastik komplettiert. Auf den Vorbildfotos erkennt man übrigens auch, dass die Bugfahrwerksklappen am Boden nicht wie von Italeri realisiert über die ganze Länge des Fahrwerkschachtes geöffnet sind, sondern dass die vor dem Fahrwerksbein befindliche Hälfte des Schachtes immer geschlossen ist. Das heißt, die Klappen müssen jeweils in zwei Teile geschnitten werden (siehe Skizze).
Während diese Baugruppen trockneten, widmete ich mich den Motoren und Propellern. Die Propellernaben wurden mit einer „Metal-Cote“ Farbe von Humbrol lackiert. Diese sieht nach dem Trocknen erst dunkelgrau aus, wird sie aber mit einem weichen Lappen poliert, ergeben sich sehr realistische Metalleffekte. Auf diese Farbe folgte noch eine Schicht Rot, das nach erneutem Trocknen mit Tesafilm wieder teilweise heruntergerissen werden sollte, um die ursprüngliche Metallfarbe freizulegen. Naja, so hatte ich mir das jedenfalls vorgestellt. Aber egal welche Art Klebeband ich ausprobierte, die rote Farbe blieb auf den Propellern haften. Letztendlich blieb mir nichts anderes übrig, als das Rot vorsichtig mit dem Skalpell abzukratzen, was dann glücklicherweise auch zum gewünschten Resultat führte. Diese Art der Verwitterung ist auf vielen Originalfotos zu beobachten. Die Propellerspitzen erscheinen in Gelb.

Die Sternmotoren selbst wurden auch mit der erwähnten „Metal-Cote“ Farbe lackiert. Die Innenseiten der Gehäuse sowie die Motorblöcke an sich sind in einem Blaugrau gehalten, das ich mir wiederum nach Vorbildfotos anmischte.
Als nächstes klebte ich die aus jeweils zwei Hälften bestehenden Hauptfahrwerksräder zusammen, die beiden Bugfahrwerksräder sind einteilig ausgeführt. Alle Räder wurden über einer Herdplatte leicht abgeflacht, um die durch das Gewicht des Flugzeuges hervorgerufenen Standflächen zu simulieren. Die Felgen und die Bugfahrwerksklappen spritzte ich in der Unterseitenfarbe des SEA (= South East Asia) Tarnschemas, nämlich Gray FS 36622 von JPS Modell.
Jetzt waren alle Teilkomponenten getrocknet, die im Rumpf verschwinden sollten. Bevor dieser jedoch geschlossen werden konnte, mussten noch alle später nicht mehr erreichbaren Fenster eingeklebt werden, da diese für einen Einbau von innen vorgesehen sind. Schon am Gussast hatte ich die Klarsichtteile mit Mr. Masking Sol (flüssiger Maskierfilm, der mit dem Pinsel aufgetragen wird) maskiert, das erst nach Abschluss aller Arbeiten entfernt wurde. Diejenigen „Bullaugen“, die auch nach dem Schließen des Rumpfes gut zu erreichen sind, wurden jedoch erst nach allen Lackierarbeiten mit Weißleim eingeklebt.

Links und rechts neben dem Bugfahrwerksschacht sowie in der Flugzeugnase fanden noch ein paar Metallgewichte Platz, denn selbst Italeri weist in der Bauanleitung darauf hin, dass bei Verzicht auf die Bugbeschwerung die Boxcar später nach hinten kippen würde. Dieses Problem der Hecklastigkeit teilen fast alle „Gabelschwanz“-Modelle.
Nachdem der Rumpf zusammengefügt war, war es Zeit für die nächste große Baugruppe, die Tragflächen samt Heckauslegern. Bei der Montage der Hauptfahrwerksschächte in die Tragflächen sollte man darauf achten, dass diese später parallel zum Boden stehen. Die Flügel knicken an diesen Stellen etwas nach unten weg, was die Ausrichtung der Fahrwerksschächte nicht gerade erleichtert.
Auch die beiden Ringe (B 37), auf die die Motoren später aufgeschoben werden, wurden bereits jetzt an die Flügel geklebt, da sie in die Lackierung mit einbezogen werden und ansonsten von den Kühlklappen der Motorengehäuse verdeckt würden. Die Gehäuse selbst werden separat bemalt.
Um Spachtel- und Schleifarbeiten möglichst einfach ausführen zu können, wurden der Rumpf und die Flügel-Heck-Sektion so lange wie möglich als getrennte Einheiten bearbeitet. Erst kurz vor der Lackierung wurden sie zusammengefügt.

Die SEA-Tarnung besteht aus Gray FS 36622 für die Unterseite und Tan FS 30219, Forest Green FS 34079 sowie Light Green FS 34102 für den Oberseitensichtschutz. Für diese Farben benutzte ich ausschließlich JPS Color Acrylfarben. Lackiert wurde vom hellsten bis aufsteigend zum dunkelsten Farbton, das helle Grau der Flugzeugunterseite kam also zuerst zum Einsatz. Leider sind die Italeri-Bemalungshinweise recht dürftig. Pro Flugzeug werden nur eine Draufsicht sowie eine Seitenansicht geboten. Hier kamen dann doch noch einmal die Risszeichnungen zum Einsatz: Ich kopierte sie und trug meinen Vorbildfotos entsprechend das komplette Tarnmuster ein. Nach dieser Vorlage erfolgte dann die weitere Lackierung. Alle Maskierarbeiten wurden mit Tamiya-Klebeband durchgeführt. Dieses wurde grob dem Tarnverlauf folgend aufgeklebt und dann mit einem scharfen Skalpell auf dem Modell vorsichtig zugeschnitten.
Nach jeder Farbe des Tarnschemas wurde eine Schicht Erdal Glänzer aufgesprüht, eines von mehreren deutschen Ersatzprodukten für das vielzitierte amerikanische Future. Im Gegensatz zu Email-Farben wie etwa Revell und Humbrol, lösen die benutzten Acrylfarben das Plastik nämlich nicht an und liegen mehr oder weniger „lose“ auf dem Modell. Daher sollte man vor dem Airbrushen die entsprechenden Bereiche des Modells unbedingt säubern und mit einer lösungsmittelhaltigen Grundierung versehen, um die Haftfähigkeit der Acrylfarben zu verbessern. Die zusätzlichen (dünnen) Schichten Glänzer geben weiteren Halt, besonders im Bereich der Farbübergänge.

Die Abziehbilder ließen sich für ihr Alter relativ gut verarbeiten. Zwar sind sie etwas dicker, aber eine Behandlung mit Weichmacher führte schließlich doch zum Erfolg, und die Decals legten sich um die wenigen Krümmungen und in die Gravuren. Leider deckt das Weiß der Abziehbilder nicht sonderlich gut. Ein Problem, das sich besonders bei der oberseitigen Flügelkokarde zeigte, da diese gerade zwei unterschiedliche Farben des Tarnverlaufs schneidet. Benutzt man nur das eine zur Verfügung stehende Abziehbild, bleibt der unschöne hell-dunkel Kontrast unter dem Weiß des Decals bestehen. Zum Glück hatte mir aber ein englischer Modellbaukollege seine übrig gebliebenen Abziehbilder geschickt, so dass ich insgesamt drei Kokarden übereinander legte, bis das Weiß vollkommen deckte. Dank Weichmacher, ist diese „Hochstapelei“ jetzt nicht mehr zu erkennen.
Als alle Abziehbilder platziert waren, folgte eine letzte Schicht Erdal Glänzer. Hierauf konnte nun mit verdünnter dunkelgrauer Ölfarbe ein Washing aufgebracht werden um Ölspuren nachzubilden und die Gravuren zu betonen. 

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